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Wittmann: „So eine Saison hatte ich noch nie“

BMW-Pilot Marco Wittmann (34) spricht über Terminstress als Rennfahrer, die Unterschiede zwischen einem Hypercar und einem DTM-Auto – und über sein Heimrennen auf dem Norisring.

Der gebürtige Mittelfranke Marco Wittmann freut sich auf sein Heimrennen.

Der gebürtige Mittelfranke Marco Wittmann freut sich auf sein Heimrennen.
IMAGO/Jan Huebner

In ihrer ersten Saison 1984 gastierte die DTM auf dem Norisring, seither ist der Nürnberger Stadtkurs ein Highlight im Rennkalender. Wenn die Serie dort an diesem Wochenende ihr 40-jähriges Jubiläum feiert, heißt es für Marco Wittmann vom Team Schubert Zwischenstopp daheim. Der BMW-Werksfahrer aus Fürth startet in diesem Jahr auch in der GT World Challenge und der Langstrecken-Weltmeisterschaft. Gerade erst ist er von den 24 Stunden in Spa zurückgekehrt, nach drei Wochen hat der zweimalige Champion endlich seinen Siegerpokal vom letzten DTM-Rennen in Zandvoort daheim in die Vitrine gestellt.


Herr Wittmann, Sie sind von März bis November an 23 Wochenenden in drei Serien weltweit im Einsatz. Packen Sie dafür überhaupt Ihre Koffer aus?

Dieses Jahr ist wirklich extrem. Allein im Juni gab es drei 24-Stunden-Rennen, darunter auch Le Mans. Ich bin eigentlich gerade dabei, umzupacken, da ich für die verschiedenen Meisterschaften immer unterschiedliche Teamklamotten brauche. Die Reisen zu den Überseerennen in der WEC (Langstrecken-Weltmeisterschaft, Hrsg.) dann fällt auch der sonst oft freie Montag weg.


Zumindest entsteht beim Heimrennen nun auf dem Norisring kein Reisestress.

Ja, die paar Kilometer Fahrt sind immer toll. Und dann sind auch noch so viele Fans da, da freue ich mich schon riesig drauf. Aber nach dem Rennen geht es für mich direkt weiter nach Sao Paulo und wenn ich aus Brasilien zurück bin, mache ich gleich DTM-Tests.


Da auf dem Norisring von allen Strecken am wenigsten Gummi verbraucht wird, ist die Taktik eine völlig andere.



Klingt steil.

So eine Saison hatte ich noch nie. Aber auch der Motorsport hat sich verändert. Früher hatten die DTM-Fahrer die zehn Rennen und vielleicht noch die 24 Stunden am Nürburgring. Heute sind manche dauernd im Einsatz, dazu kommen noch die ganzen Meetings, Simulatorsessions, Event-Tage usw. Aber ich will mich sicher nicht beschweren.

DDas letzte DTM-Rennen in Zandvoort haben Sie von Platz 14 aus gewonnen. Kann Ihnen das am Norisring genauso gelingen?

In Zandvoort ist der Reifenverschleiß sehr hoch, daher haben wir eine sehr gute Strategie bravourös umgesetzt. Der Norisring verbraucht von allen Strecken am wenigsten Gummi, daher ist die Taktik eine ganz andere. Aber man kann hier aufgrund der langen Geraden und der beiden Haarnadelkurven auch gut überholen. 2018 konnte ich hier von Platz 7 aus gewinnen. Man braucht einfach einen guten Tag.


Wie unterscheiden sich die verschiedenen Serien für dich hinsichtlich der persönlichen Vorbereitung?

So viel Unterschied ist es nicht. Bei einem 24-Stunden-Rennen geht es im Vorfeld oft mehr um die Strategie, auch die Stints der einzelnen Fahrer werden vorab besprochen. In der DTM sind die Diskussionen mit dem eigenen Renningenieur allerdings viel intensiver, weil das Auto individuell auf mich abgestimmt werden muss.


Gibt es auch darin einen Unterschied, dass es in der DTM an der Spitze deutlich enger und härter zugeht als auf der Langstrecken-Rennstrecke?

Die Herangehensweise an die Rennen ist eine völlig andere. In der DTM werden Sprintrennen gefahren, das heißt: Vollgas ab Grün, auch mal mit Kontakt. In der WEC versucht man erst, das Auto möglichst lange am Laufen zu halten und keinen Unfall zu riskieren, um es dann in den letzten vier, fünf Stunden noch einmal voll ans Limit zu bringen.

Der Prototyp des BMW M Hypercar V8, den Maro Wittmann in der WEC fährt

Der Prototyp des BMW M Hypercar V8, den Maro Wittmann in der WEC fährt.
IMAGO/PanoramiC


Und wie unterscheidet sich das BMW M Hypercar V8 im Vergleich zum M4 GT3 in der DTM?

Völlig anders, das kann man nicht vergleichen und auch schwer beschreiben. Der Prototyp hat kein ABS, das gesamte Gewicht von Motor, Getriebe und Hybrideinheit liegt hinter mir. Der GT3 BMW hingegen hat den Motor auf der Vorderachse. Das Hypercar hat deutlich mehr Abtrieb, mehr Grip, ist 300 Kilo leichter, hat super griffige Keramikbremsen und zudem bis zu 150 PS mehr Leistung.


Und wird das Fahren dadurch schwieriger?

Deutlich schwieriger. Auch aufgrund der ganzen komplexen Systeme und Einstellungen, die wir Fahrer während des Rennens vornehmen können und müssen.


Wäre das Hypercar wohl doch kein Auto für den Norisring?

(lacht) Nein, das wäre wahrscheinlich etwas gefährlich. Und Spaß würde es bei all den Unebenheiten hier sicher nicht machen.

Interview: Martin Gruener