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CO2-Ausstoß: Hessens Landesregierung schneidet bei Dienstwagen-Check schlecht ab | hessenschau.de

Unter der schwarz-rot-roten Regierung gerät Hessen beim jährlichen Dienstwagencheck der Deutschen Umwelthilfe ins Hintertreffen. Das war nach der Umstellung mehrerer Minister von Elektro- auf Hybridautos nicht anders zu erwarten, sorgt aber dennoch für Kritik – auch aus dem hauseigenen Klimabeirat der Organisation.

Von Christina Sianides und Christoph Käppeler

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03:32 Min.

Hessens Landesregierung gerät bei Dienstwagen-Check ins Hintertreffen


Der Auspuff eines grau-silbernen Autos mit Verbrennungsmotor

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Hessens Landesregierung ist beim offiziellen Autocheck der Deutschen Umwelthilfe (DUH) erneut abgerutscht: Im aktuellen Länderranking [PDF – 3mb] Die Hessen belegen damit nur noch Platz elf, im Jahr zuvor waren sie noch auf Platz sechs gelandet. Grundlage für die Rangliste ist der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Dienstwagen aller Minister und des Ministerpräsidenten.

Im Vergleich der Regierungschefs der Länder [PDF – 1016kb] Auch Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) kommt mit seinem Audi A8 L 50 TDI quattro nicht über einen Platz im hinteren Mittelfeld hinaus: Er belegt aktuell Rang zehn. Immerhin konnte er mit seiner Dienstlimousine an der roten Ampel vorbei, die sein Vorgänger Volker Bouffier (CDU) noch hatte.

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Dienstwagencheck

Mit Blick auf die Spitzenpolitiker auf Bundes- und Landesebene stellt die deutsche Umwelthilfe Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erhebt jährlich Daten zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß von Firmenwagen. Grundlage für die Einstufung der Umweltschutzorganisation ist der CO2-Ausstoß im realen Fahrbetrieb. Die DUH vergibt rote, gelbe und grüne Karten.
In Hessen erhielt lediglich der elektrische Dienstwagen von Arbeits- und Sozialministerin Heike Hofmann (SPD) eine Grüne Karte. Ihr Auto hält damit den seit 2020 geltenden CO2-Grenzwert für Neuwagen von 95 Gramm pro Kilometer im Realbetrieb ein.

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Dass die Landesregierung bei der Aufklärung ins Hintertreffen geriet, hat eine einfache Erklärung: Nach dem Regierungswechsel von Schwarz-Grün zu Schwarz-Rot schrumpfte die Zahl der Elektrofahrzeuge in den Dienstwagen der Ministerien erneut.

Weniger Elektroautos

Sowohl Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori als auch Wissenschafts- und Kulturminister Timon Gremmels (beide SPD) tauschten die Elektroautos ihrer grünen Vorgänger gegen Plug-in-Hybridautos. Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU) hat den elektrischen Dienstwagen seiner Vorgängerin Priska Hinz übernommen und wird deshalb in der Rangliste weiterhin als Elektroautofahrer geführt. Jung hat allerdings bereits ein Hybridauto bestellt.

Nur dank der Elektroauto-Anschaffung der grünen Minister kletterte Hessen im Bundesländerranking 2023 auf Platz sechs. Zuvor hatte die Landesregierung lange auf dem letzten Platz gelegen.

Klimabilanz von Plug-in-Hybriden oft schlecht

Plug-in-Hybride verfügen über einen Elektro- und einen Verbrennungsmotor, können also beide Antriebe nutzen. Anders als bei Vollhybriden lässt sich der Elektromotor über ein Ladekabel aufladen, was ihnen eine höhere Reichweite verschafft. Kurze Strecken innerhalb der Stadt können meist rein elektrisch gefahren werden, für längere Distanzen bei höherer Geschwindigkeit ist der Verbrennungsmotor jedoch unverzichtbar.

Im DUH-Ranking schneiden die Plug-in-Hybridautos der Minister beim CO2-Ausstoß deutlich schlechter ab als Elektroautos. Dabei sind ihre Emissionen auf dem Papier relativ gering. Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) bescheinigt ihnen in einer aktuellen Studie die beste Klimabilanz nach Elektroautos.

Die tatsächliche Bilanz hänge allerdings entscheidend davon ab, wie hoch der Anteil des elektrischen Fahrens sei, heißt es beim VDI. Und dieser sei in der Praxis oft gering, wie eine Studie des Fraunhofer-Instituts zeigt. zeigt anDie tatsächliche Klimabilanz von Plug-in-Hybriden ist deshalb oft mindestens so negativ wie die von konventionellen Autos, weil das Zusatzgewicht der Batterie einen höheren Benzinverbrauch mit sich bringt.

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Minister: Geringe Reichweite, lange Ladezeiten

Die neuen Minister begründeten ihre Entscheidung für Plug-in-Hybride mit der geringen Reichweite und den langen Ladezeiten der Elektroautos ihrer Vorgänger. Wirtschaftsminister Mansoori sagte dem HR, die 350 Kilometer Reichweite seiner zunächst gewählten Elektrolimousine reichten ihm nicht, da er an manchen Tagen sechs bis sieben Termine in Hessen habe: „Ich brauche ein Langstreckenfahrzeug, und wir können es uns nicht leisten, zwischendurch 30 Minuten laden zu müssen.“ Einer seiner Fahrer musste kürzlich einen 80 Kilometer langen Umweg in Kauf nehmen, um eine Schnellladestation zu finden.

Ähnlich argumentiert auch ein Sprecher von Wissenschafts- und Kulturminister Gremmels. Er verweist auf den Ministersitz in Nordhessen. Das Landwirtschaftsministerium teilte auf Anfrage des HR schriftlich mit, man habe sich „aus Praktikabilitätsgründen für eine Hybridvariante entschieden“.

Grüne Vorgänger schweigen

Die Vorgänger der Minister, die selbst Elektroautos fahren, schweigen, wenn man sie nach ihrer Meinung zu den Argumenten der SPD- und CDU-Minister fragt. Es ist üblich, dass Vorgänger nicht über ihre Nachfolger sprechen. Doch Mathias Wagner, Fraktionschef der Grünen im Landtag, sagt: „Noch nie wurde der Termin eines Mitglieds der Landesregierung abgesagt, weil ein Elektroauto nicht geladen werden konnte oder eine Tankstelle geschlossen war.“

Der ADAC gibt die Reichweite des E-Dienstwagen von Ex-Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Mercedes Benz EQE 350, Baujahr 2022) mit 530 Kilometern. Der Reichweitenrechner des ADAC zeigt: Bei 100 km/h sind es 545 Kilometer, bei 130 km/h 380 Kilometer.

Der wissenschaftliche Klimabeirat der Landesregierung kritisiert die Entscheidung der Minister als falsches Signal: Hybridautos seien „die schmutzigste Option, die ich bekommen kann“, sagte Beiratsvorsitzender Sven Linow dem hr.

Dies sei ein Rückschritt beim Klimaschutz. Hessen werde seiner proklamierten Vorbildrolle nicht gerecht, betont Linow, der die Regierung zuletzt für ihr Festhalten an umstrittenen Kompensationsmodellen für eine bessere CO2-Bilanz kritisiert hatte.

Landesverwaltung soll bis 2030 CO2-neutral sein

Aus dem Agrarministerium heißt es, man halte selbstverständlich an den Zielen fest, Hessen bis 2045 klimaneutral zu machen und mit gutem Beispiel voranzugehen und die Landesverwaltung bis 2030 bilanziell treibhausgasneutral zu stellen. Die Dienststellen des Landes sollen eine bedarfsgerechte und einheitliche Ladeinfrastruktur für elektrische Dienstwagen erhalten.

Nach den Emissionen aus staatlichen Gebäuden sind die Emissionen aus Geschäftsreisen der größte Einstellschraube [PDF – 586kb] im Sinne der Klimaneutralität der Landesverwaltung. Das Finanzministerium versichert, dass der Fuhrpark des Landes sukzessive auf Elektroantrieb umgestellt werde.

Mansoori glaubt nicht an „symbolische Politik“

Wirtschaftsminister Mansoori sagt, er halte nichts von Symbolpolitik. Hessen müsse mehr Schnellladestationen errichten und die Reichweite von Elektroautos erhöhen. Dann „steht mir absolut nichts im Wege, als Minister wieder vollelektrisch zu fahren.“

Im September 2023 lag Hessen einer Studie des Verbandes der Automobilindustrie zufolge bei der Zahl öffentlicher Ladepunkte auf dem drittletzten Platz. PlatzDer ADAC sah massiven Nachholbedarf.

Mansoori sagt auch, man müsse den „Ausbau der Infrastruktur beschleunigen“. Seine Regierung wolle in dieser Hinsicht einiges tun. Auch Bus- und Bahnverkehr sowie die Nahmobilität in den Kommunen müssten gestärkt werden – darauf müsse man sich konzentrieren. Das Abschneiden der Landesregierung beim Dienstwagencheck sei seiner Ansicht nach allerdings „kein spezifisches Problem der Hessen“.

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