„Öko-Terroristen“: Amnesty International beklagt „feindliches Umfeld für Proteste“
Amnesty International beklagt „feindseliges Protestklima“
Menschenrechtler beklagen Polizeigewalt, Verbote und juristische Verfolgung von Demonstranten. Amnesty International spricht in einem neuen Bericht gar von einem Angriff auf die Versammlungsfreiheit. Besonders feindselig gehen unter anderem deutsche Behörden gegen Aktivisten vor.
AMnesty International kritisiert den Umgang vieler europäischer Länder mit politischen Protesten. In vielen Ländern sei die Versammlungsfreiheit eingeschränkt, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation in Berlin. Abweichende Meinungen würden durch Überwachung, Gewalt, Verbote oder Einschüchterung unterdrückt.
Friedliche Demonstranten werden stigmatisiert, kriminalisiert und angegriffen. Der Bericht trägt den Titel „Unterschützt und überbeschränkt: Der Stand des Protestrechts in 21 Ländern Europas“. Darin ist von repressiven Gesetzen, unverhältnismäßiger Gewaltanwendung, willkürlichen Verhaftungen und ungerechtfertigten oder diskriminierenden Einschränkungen die Rede.
Dem Amnesty-Bericht zufolge haben Politiker in Deutschland, Italien, Spanien und der Türkei Klimaaktivisten als „Öko-Terroristen“ oder „Kriminelle“ bezeichnet. Zudem wurden die Betroffenen mit Maßnahmen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und unter Berufung auf Terrorismusgesetze gezielt verfolgt.
Dieses Vorgehen stellt einen Angriff auf die gesamte Klimabewegung dar. Die Kriminalisierung politischen Protests hat damit eine neue Eskalationsstufe erreicht.
In ganz Europa schränken die Behörden vor allem pro-palästinensische Proteste ein. Die Autoren kritisieren, dass diese Maßnahmen oft unverhältnismäßig seien und manchmal rassistische Vorurteile verstärkten. In Deutschland wurden Proteste verboten, wenn die Behörden antisemitische Ausbrüche befürchteten.
Die Autoren des Berichts stellten fest, dass die Polizei weitverbreitet exzessive Gewalt gegen friedliche Demonstranten anwendete. Darüber hinaus gebe es in mindestens 13 der 21 untersuchten Länder, darunter auch Deutschland, Fälle von Straflosigkeit oder mangelnder Rechenschaftspflicht der Polizei, so die Autoren.
Regierungen würden ein „protestfeindliches Umfeld“ schaffen
Willkürliche Massenüberwachung, strenge Polizeimaßnahmen, übermäßige Einschränkungen und die Androhung strafrechtlicher Sanktionen schüchtern ein und schrecken von der Teilnahme an Versammlungen ab. Dieser Effekt trifft überproportional Menschen, die von Rassismus und marginalisierten Gruppen betroffen sind und bereits einem höheren Risiko von Gewalt und ungleicher Behandlung durch staatliche Behörden ausgesetzt sind.
Die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Julia Duchrow, beklagte, der Bericht zeichne „ein zutiefst beunruhigendes Bild eines Angriffs auf die Versammlungsfreiheit“. In ganz Europa würden Menschen, die friedlich protestierten, diffamiert, behindert oder unrechtmäßig bestraft. Damit würden Regierungen ein „protestfeindliches Umfeld“ schaffen, das eine ernsthafte Gefahr für friedliche Demonstranten darstelle.
Die Versammlungsfreiheit sei ein wichtiges Minderheitenrecht, betonte Duchrow: „Proteste können und sollten störend sein.“
Anstatt politisch unerwünschte Proteste einzuschränken und diejenigen zu bestrafen, die auf die Straße gehen, sollten die Staaten in ganz Europa ihr Vorgehen überdenken. Proteste sollten nicht unterdrückt, sondern im Gegenteil geschützt werden.