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MERS- und Vogelgrippeviren bereiten Experten derzeit große Sorgen. Obwohl die Datenlage dünn ist, wird die Verbreitung der Erreger zu spät entdeckt.
Frankfurt – Auch nach mehr als vier Jahren sorgt die Corona-Pandemie noch immer für Schlagzeilen. Weniger wegen rasant steigender Inzidenzen, wie das auf dem Höhepunkt der Coronakrise der Fall war. Viel mehr dreht sich die Debatte um die Überprüfung der damaligen Maßnahmen und Einschränkungen. Fakt ist aber: Das Coronavirus wird es weiterhin geben. Und mit ihm treten in jüngster Zeit vermehrt andere Erreger auf, die nach Einschätzung von Experten wie Christian Drosten das Potenzial haben, eine neue Pandemie auszulösen.
Christian Drosten warnt vor möglicher Pandemie – „So etwas hat es noch nie gegeben“
In einem Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zu ihrem gemeinsamen Buch „Alles überstanden?“ thematisierten Drosten und der Journalist Georg Mascolo nicht nur die mittlerweile weitgehend überstandene Corona-Pandemie. Der Chef-Virologe der Berliner Charité warnte ausführlich vor einer möglicherweise drohenden Pandemie.
Als mögliche Auslöser nennt Drosten das MERS-Virus sowie das Vogelgrippevirus H5N1. Beide Viren könnten laut Drosten zu einer globalen Gesundheitskrise führen. Vor dem insbesondere im Nahen Osten verbreiteten MERS-Virus hatte der Virologe bereits im Herbst 2023 gewarnt. Zuletzt sorgte vor allem das H5N1-Virus für Sorge, da es in Kuhmilch von zahlreichen Milchfarmen in den USA nachgewiesen wurde.
„So etwas hat es noch nie gegeben, so extrem große Ausbrüche bei Kühen – alle Experten sind beunruhigt. Wir wissen jetzt nicht wirklich, wie es weitergeht, weil wir keinen so guten Einblick in die Daten haben“, sagte Drosten in RND-Interview alarmiert.
„Beginn der nächsten Pandemie“ – Virologe Drosten will „entschiedeneres Vorgehen“ gegen H5N1
Noch sei unbekannt, so Drosten, „wie häufig sich Menschen anstecken, die mit diesen infizierten Kühen in Kontakt kommen“. Dennoch wünscht sich der Virologe von den USA entschiedenere Maßnahmen, etwa indem infizierte Herden isoliert und bestimmte Hygienemaßnahmen erwogen werden. Auch über eine „Impfung der Kühe“ müsse nachgedacht werden, so der Experte.
Denn, da ist sich der Virologe sicher: „Wir merken zu spät, wenn sich ein Virus schon ausbreitet.“ Die Ausbreitung des Vogelgrippevirus könne durchaus „mild“ verlaufen. „Es könnte aber auch der Beginn der nächsten Pandemie sein, die wir hier live verfolgen“, schließt Drosten seine Prognose. „Wenn es dem Virus gelingt, sich an die Andockstellen des Menschen anzupassen, ist die nächste Pandemie so gut wie sicher“, sagte Epidemiologe Alexander Kekulé noch im Mai 2024.
Die Welt wäre „wahrscheinlich erneut überfordert“, wenn eine Pandemie drohte
Wie wahrscheinlich es ist, dass die Ausbreitung von H5N1 zu einer Pandemie führt, kann Drosten nicht sagen. Doch auch wenn verlässliche Daten noch fehlen, warnt ein neuer Expertenbericht des Independent Panel for Pandemic Preparedness and Response bereits vor einer unzureichenden Vorbereitung der Welt auf künftige Pandemien. „Wenn heute eine Pandemie drohen würde – etwa wenn sich H5N1 von Mensch zu Mensch ausbreiten würde – wäre die Welt wahrscheinlich erneut überfordert“, sagt die ehemalige neuseeländische Premierministerin und Co-Vorsitzende des Panels, Helen Clark.
Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte sich im Frühjahr besorgt über die Ausbreitung des Vogelgrippevirus H5N1 geäußert. Besonders besorgniserregend war die hohe Sterblichkeitsrate der Krankheit beim Menschen. Erst Anfang Juni war der erste Todesfall infolge einer Infektion mit dem Vogelgrippevirus Typ A (H5N2) gemeldet worden.