DIE INVESTITION: Lovely und Monty, auch wenn kaum jemand eure richtigen Vornamen verwendet, würden wir sie jetzt gerne von euch hören.
Monty Bhangu: Sie müssen wissen, dass dies unsere Spitznamen seit der Geburt sind. Die richtigen Namen sind Bharpoor (lieblich, Anm. d. Red.) und Jang Bahadur (Monty, Anm. d. Red.).
Schöne Bank: Es ist einfach leichter zu sagen, weißt du. Wie Tom und Jerry. Er macht sich klein und rennt weg. (lacht)
„Diese EM“ ist ein absoluter Viralhit. Sie machen aber schon lange Musik und Lieder über unsere Nationalmannschaft. Wie kam es dazu?
Lovely: Als wir 1984 nach Deutschland kamen, war ich ein verrückter Fan von Karl-Heinz Rummenigge. 2012 schrieb ich das erste Fußballlied: „Oh, Deutschland, wir lieben dich“. Insgesamt sind es mittlerweile fünf Fußballlieder. Das erste Stück auf Deutsch entstand 2010 und hieß „Wenn Du irgendein Menschen von Herzen liebst“. Ich habe dafür sieben Monate gebraucht. Ursprünglich haben wir Lieder in unserer Muttersprache Punjabi aufgenommen und sie unseren Taxipassagieren vorgetragen. Viele Leute baten uns jedoch, stattdessen das Radio einzuschalten, weil sie nicht verstanden, was wir sangen, und den Text nicht mitsingen konnten. Also begannen wir mit deutschen Texten zu Bollywood-Musik. So entstand unser ganz eigener „Dollywood“-Stil.
Monty: Ich sollte eigentlich singen, aber er zwang mich dazu. Das war für mich zunächst unvorstellbar. Da es sieben Monate dauerte, konnte ich mich entspannt zurücklehnen. Aber in meinem Hinterkopf wusste ich, dass er das, was er sich vorgenommen hatte, auch durchziehen würde. Das Lied würde irgendwann kommen.
Wo nimmst du deine Musik auf?
Monty: Vor Corona haben wir immer Studios bei Freunden gemietet. Christoph Hemker vom NDR, der mit mir im Taxi mitgefahren ist, wollte, dass wir nochmal einen Song für die EM aufnehmen.
Schön: Aber ich wollte erstmal nicht. In der Corona-Zeit habe ich auch den Fußball aus den Augen verloren, wusste gar nicht, wer Trainer ist und wer spielt. Da Christoph so enttäuscht war, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Dann habe ich nachts gegoogelt und gesehen, dass in Deutschland die EM stattfindet. Das wusste ich nicht. Da habe ich mir gedacht: wenn nicht jetzt, wann dann, und habe Christoph um 3 Uhr nachts geschrieben. Er hat sich sofort gefreut.
Monty: Er verkündete dann auf dem „Roten Sofa“ beim NDR, dass unser Beitrag in wenigen Tagen gesendet werden würde. Wir standen unter Zeitdruck und hatten nur wenige Tage Zeit. Aber so schnell findet man kein Tonstudio. Also sagte ich Christoph, dass uns nichts anderes übrigbleibt, als das Studio beim NDR zu nutzen. Er hatte ja das Ganze arrangiert. Er meinte aber, dass wir nur maximal 15 bis 20 Minuten bekommen würden. Wir haben dann das ganze Lied in einem Take aufgenommen.
Mittlerweile sind Sie überall, auch im Ausland, medial präsent. Ist das Ganze ein richtiges Geschäft geworden, das Sie professionell betreiben und mit dem Sie Geld verdienen?
Lovely: Wir sind hauptberuflich Taxifahrer. Wir haben entschieden, dass es keinen Spaß mehr macht, wenn wir von der Kunst abhängig sind. Das würde einen immer unter Druck setzen, Geld zu verdienen. Taxifahren ist eine sichere Art, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Wir können entscheiden, was wir tun und was nicht. Wir haben eine Agentur, die sich um unsere Termine kümmert. Ansonsten hilft uns die ganze Familie. Meine Frau kümmert sich um das Management, unser Schwiegersohn hat das Video geschnitten und unsere Töchter helfen mir bei den Songtexten.
Monty: Das Taxi ist die beste Werbung für unsere Musik. Seine Ideen sind immer erfolgreich. Ich habe meistens nachgeahmt, was er gemacht hat, und war damit erfolgreich. So war es bei DVAG und jetzt bei der Musik. Ich habe auch die Schwester seiner Frau geheiratet. (lacht)
Vor Ihrer Zeit als Taxifahrer und Finanzberater hatten Sie schon unglaublich viele Jobs. Wie haben Sie sich in Deutschland hochgearbeitet?
Lovely: Als wir nach Deutschland kamen, habe ich zunächst mein eigenes Wörterbuch in drei Sprachen erstellt: Deutsch, Englisch und Punjabi. Nach neun Monaten konnte ich. Wir haben immer für Deutsche gearbeitet und das gab uns die Möglichkeit zu üben. Ich kenne viele Airbus-Leute, die nicht drei Worte Deutsch können, weil sie nur Englisch sprechen. Ich habe insgesamt wahrscheinlich 26 verschiedene Jobs gehabt. Wir haben als Küchenhilfe in dem Restaurant gearbeitet, in dem unser Vater Koch war und dann in Bremen und anderen Städten für 2,50 Mark die Stunde Flugblätter verteilt. 1985 bin ich bei McDonald’s gelandet. Dort habe ich an zwei Grills gearbeitet. Ich war sehr schnell und einer wäre mir zu langweilig gewesen. Ich habe 7,51 Mark verdient. Aber die anderen haben im Schnitt acht Mark bekommen. Das hat mir wehgetan.
Wie sind Sie mit der Unzufriedenheit umgegangen?
Schön: Ich bin sehr früh aufgestanden und habe in der Zeitung nach Stellenanzeigen geschaut. Ich wollte weiterkommen und habe mich auf eine Stelle als Lagerarbeiter in Barsbüttel beworben. Ich habe gleich nach dem Gehalt gefragt. Der Chef sagte, ich könne am nächsten Tag anfangen und es würde elf Mark kosten. Ich dachte, besser kann es nicht mehr werden und habe sofort bei McDonald’s gekündigt. An meinem ersten Arbeitstag war ich total fertig und habe mich gefragt, was ich hier überhaupt mache, da ich damals nur 52 Kilogramm wog. Aber dann habe ich mir gesagt: Du bist in Deutschland, wenn du hier zusammenbrichst, bist du versichert. Und ich bin noch nicht zusammengebrochen, also mache ich weiter. Die Schmerzen waren schnell weg. Ich habe dort zwei Jahre gearbeitet und mir dann meinen ersten Mercedes gekauft.
Und hast du wirklich alles kopiert, was dein Bruder getan hat, Monty?
Monty: Ich blieb in der Gastronomie und begann als Grillmeister zu arbeiten, allerdings bei Jim Block. Ich hatte keine Erfahrung. Am ersten Tag war die Schlange so lang, dass ich viel Fleisch auf einmal auf den Grill legte, das dann verbrannte. Der Chef lobte mich trotzdem und sagte, er würde mir alles beibringen. Danach arbeitete ich weiter als Grillmeister in anderen Geschäften und arbeitete auch als Pizzabäcker für ein italienisches Restaurant. Irgendwann bekam ich eine Allergie und musste aufhören. Dann begann ich, Zeitungen zu verkaufen, später auch Kleidung. Irgendwann hatten wir eine eigene Firma, importierten Dinge wie Messing aus Indien und Sportwagen aus Singapur. Wir waren nie arbeitslos, nicht einmal einen Tag.
Und wie kam es zu Ihrem Kontakt zur DVAG?
Lovely: Der Kontakt kam über einen Kunden in dem Laden zustande, in dem Monty Kleider verkaufte. Er arbeitete als Finanzberater bei der DVAG. Er wusste, dass ich in Hamburg ein großes Haus kaufen wollte, und als wir etwas fanden – 900 Quadratmeter Grundstück für 455.000 Mark, was damals ein sehr guter Preis war – wollte er uns helfen. Ich setzte mich dann mit ihm, seinem Chef und einem Direktor der DVAG zusammen und musste sagen, dass ich nicht so viel Eigenkapital habe, wir aber fleißige Leute seien. Wir hatten damals einen Imbiss, zwei Boutiquen und einen Zeitungsstand in der Mönckebergstraße, das war eine Goldgrube. Dann sah die Dresdner Bank unser Geschäft, nicht nur die Zahlen, sondern auch die Geschäfte selbst, und war beeindruckt. Also sagte sie zu, es zu finanzieren, und wir kauften das Haus.
Und was war Ihre persönliche Motivation, selbst diesen Beruf zu ergreifen?
Schön: Nach dem Kauf des Hauses dachte ich, dass die DVAG ein gutes Unternehmen ist und ich anderen Menschen helfen kann, die in einer ähnlichen Situation sind wie wir. Die werfen ständig Geld für Miete zum Fenster hinaus, könnten sich aber selbst eins kaufen. Mein Finanzberater meinte, dass ich mitmachen kann, wenn ich so begeistert davon bin. Ich habe dann alle möglichen Schulungen und Motivationsseminare gemacht, die zwar sehr teuer waren, mir aber sehr geholfen haben. Der Mist, den man im Kopf hat, muss raus, um klar sehen zu können. Das hilft mir heute noch im Taxigewerbe.
Wie bist du zur DVAG gekommen, Monty?
Monty: Ich bin irgendwann in seine Agentur eingestiegen und habe natürlich alle Schulungen gemacht. Doch 2002 wurde seine Frau schwer krank. Er musste kündigen und ich hatte dann keine Lust mehr. Als Berater muss man 24 Stunden am Tag für den Kunden im Einsatz sein und das ging nicht mehr. Nachdem er schon Taxifahrer war, dachte ich mir irgendwann, ich mache nochmal das, was er macht. Zumal ich gesehen hatte, dass er damit gutes Geld verdient.
Wie haben Sie damals Ihre Kunden in der Finanzbranche gefunden?
Schön: Ich habe damals zunächst eine Liste aller Inder und Afghanen gemacht, die ich kenne. Besonders Angst vor dem Hauskauf haben die Leute aus dem Ausland zum Beispiel. Diese Angst wollte ich ihnen nehmen. Auch Familie war meine erste Klientel, dann Freunde und so entwickelte sich eine Kette von Empfehlungen. Im Jahr 2000 war ich schließlich der achtbeste Agenturleiter Deutschlands, stand sogar auf der Bühne und wurde ausgezeichnet. Von Versicherungen über Fonds bis hin zu Bausparverträgen habe ich zu allem beraten. Und als die eingeführt wurde, war ich gleich der beste Verkäufer für die Riester-Rente.
Wie erklären Sie Ihren Vertriebserfolg als Finanzberater?
Monty: Man bekam nicht gesagt, was man zu verkaufen hatte. Das haben die Berater entschieden. Entscheidend war, dass man ehrlich war. Wir haben für die Kunden immer vorab individuelle Analysen geschrieben und sie zu den Terminen mitgebracht. Sie haben unterschrieben, was sie wollten und welche finanziellen Mittel sie zur Verfügung hatten. Man musste immer erst das Vertrauen der Kunden gewinnen. Und dann wurden wir gleich drei weiteren Familien empfohlen.
Schön: Wenn man im Verkauf arbeitet, muss man genau wissen, was man tut. Damals konnten Angestellte bis zu 700 Mark staatliche Förderung pro Jahr erhalten. Ich habe Leute direkt angesprochen, zum Beispiel eine Kassiererin, und gefragt, ob sie das Geld haben möchte und ob ich ihr zeigen kann, wie es funktioniert. Auf diese Weise habe ich von vielen Leuten die Telefonnummern bekommen. Vieles war also wirklich Kaltakquise.