CDU in Führung, AfD derzeit drittstärkste Kraft
Oberhausen. Oberhausen hat gewählt und das Ergebnis ist eindeutig. Die CDU liegt vor der SPD. Die AfD gewinnt deutlich an Stimmen, die Grünen verlieren.
- Oberhausen hat gewählt, die Ergebnisse der Europawahl liegen vor
- CDU liegt vorn, SPD und AfD folgen, Grüne verlieren deutlich
- Erste Stimmen aus den Parteien
Um 21.18 Uhr sind alle Wahlkreise ausgezählt. Oberhausen hat gewählt. Bei der Europawahl 2024 wird die CDU stärkste Kraft in der Stadt. Mit knapp 26,4 Prozent der Stimmen liegt sie vor der SPD, die 22,3 Prozent erhielt. Die AfD hat im Vergleich zur Europawahl 2019 deutlich zugelegt und kommt auf 16,9 Prozent (2019: 12,2 Prozent). Deutlich verloren haben dagegen die Grünen. Sie haben ihr Ergebnis von 2019 halbiert und kommen auf 9,7 Prozent.
In der CDU ist die Freude groß. „Das Ergebnis gibt uns Rückenwind“, sagt Partei- und Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr. Sie blickt bereits voraus auf die anstehenden Kommunal- und Bundestagswahlen. „Die CDU hat insbesondere in der Sozialpolitik, etwa beim Bürgergeld, sowie in Sicherheitsfragen einen klaren Kurs verfolgt.“ Im Vergleich zur Wahl 2019 haben die Christdemokraten rund vier Prozent zugelegt. Mit dem Wahlergebnis, so gibt Stehr zu bedenken, hätten die Wähler die Ampelkoalition in Berlin allerdings abgestraft. „Dieser Kurs gefällt den Leuten einfach nicht mehr.“
Grünen-Stadträtin Stefanie Opitz sagt in einer ersten Analyse der Wahlniederlage: „Klimaschutz ist nicht mehr das größte Thema.“ Bei der Europawahl 2019 hatten die Grünen in Oberhausen doppelt so viele Stimmen erhalten. Auch der Aufstieg der AfD in Oberhausen bereitet Opitz Sorgen: „Gerade in Oberhausen leben wir in einer großen Vielfalt. Dass die AfD hier so stark ist, ist erschreckend und macht mir Angst.“
SPD-Generalsekretär Freddy Cordes: „Das macht mich sprachlos“
Frederick Cordes, SPD-Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen, reagierte enttäuscht auf das Ergebnis in seiner Heimatstadt Oberhausen: „Vor Wochen haben noch Tausende Menschen auf dem Friedensplatz demonstriert, und jetzt fährt die AfD so ein starkes Ergebnis ein. Das macht mich sprachlos.“ Der Auftritt der Ampel-Regierung auf Bundesebene hat auch Auswirkungen auf Nordrhein-Westfalen und Oberhausen. Vor fünf Jahren war die SPD bei der Europawahl stärkste Partei geworden.
Trotz aller Skandale um ihren Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, konnte die AfD ihr Ergebnis im Vergleich zur vergangenen Europawahl sowohl deutschlandweit als auch lokal in Oberhausen deutlich steigern. Nach gut 12 Prozent im Jahr 2019 landete die AfD diesmal mit rund 17 Prozent auf Platz drei – hinter CDU und SPD. Fraktionschef Wolfgang Kempkes hat dafür eine Erklärung.
„Wir sind einfach näher“, sagte Kempkes in einem Telefonat mit der Redaktion am Wahlabend. „Wir beschäftigen uns mit den Themen, die die Bürger wirklich bewegen. Wir hören zu und wir nehmen die Menschen ernst.“ In Deutschland und auch in Oberhausen habe sich in den letzten Jahren eine „Politikerkaste“ gebildet, die den direkten Kontakt zu den Menschen verloren habe. Die „herbe Ohrfeige gerade für die Grünen“ sei deshalb zu erwarten gewesen.
Der Tag begann in zwei Wahllokalen mit einem Schock: Als die Wahlvorstände der beiden Wahllokale eine halbe Stunde vor Öffnung an der Robert-Koch-Schule in Osterfeld eintrafen, staunten sie einigermaßen. Denn sie trafen auf Polizisten. Im Laufe des Wochenendes waren Unbekannte in die Schule eingebrochen, doch auf die bereits angelieferten Wahlurnen hatten sie es offenbar nicht abgesehen. Diese waren noch völlig unbeschädigt. Zehn Bürger, die ihre Stimme vorzeitig abgeben wollten, mussten bei ihrer Ankunft zwar noch etwas warten, ab 8.30 Uhr öffneten die beiden Wahllokale aber ganz regulär.
Bis 17 Uhr lag die Wahlbeteiligung bei 37,7 Prozent und damit etwas niedriger als vor fünf Jahren. Damals lag sie bei 39,3 Prozent. Die Zahlen basieren auf einer Befragung in 15 repräsentativen Wahllokalen, insgesamt also 143. In den Prozentzahlen für die aktuelle Wahl sind allerdings noch nicht die Anträge auf Briefwahl von insgesamt 29.752 Bürgerinnen und Bürgern eingerechnet. Ihr Anteil war diesmal höher als 2019.
Bei einer stichprobenartigen Befragung in acht NRW-Städten lag die Wahlbeteiligung bis 14 Uhr im Schnitt bei knapp 45 Prozent. Oberhausen gehörte nicht zu den befragten Städten. In der Nachbarstadt Mülheim lag die Wahlbeteiligung zu diesem Zeitpunkt bei 50 Prozent, in Essen bei 48 Prozent und in Duisburg bei 39 Prozent. Bei der letzten EU-Wahl 2019 hatten 55 Prozent der wahlberechtigten Oberhausener ihre Stimme abgegeben.
Bei dieser Europawahl durften erstmals auch 16- und 17-Jährige wählen. In Oberhausen profitieren insgesamt 3.222 Jugendliche von dieser Neuregelung. Mit ihrer Stimme können sie die Zusammensetzung des neuen EU-Parlaments mitbestimmen.
Auch Christine Schranz durfte zum ersten Mal wählen. Gemeinsam mit ihrem Vater, Oberhausens Bürgermeister Daniel Schranz, nutzte sie die Möglichkeit, wenige Tage vor der eigentlichen Wahl am 9. Juni ihre Stimme an der Sofortwahl-Station im Rathaus in der Schwartzstraße abzugeben.
„Mir ist wichtig, dass ich nach der Schule einfach in einem anderen EU-Land studieren und arbeiten kann, wenn ich das möchte“, wird die Schülerin in einer anschließenden Pressemitteilung des Rathauses zitiert. Sie glaube zudem, dass „die europäischen Länder mehr erreichen können, wenn sie zusammenarbeiten, zum Beispiel beim Klimaschutz, aber auch, wenn wir die Ukraine im Krieg unterstützen wollen.“ Für die Bürgermeistertochter steht außer Frage, dass sie wählen geht: „Ich finde es wichtig, dass meine Generation mitreden kann – denn es geht um unsere Zukunft.“
Auf die Zusammensetzung des Oberhausener Stadtrates hat die Europawahl natürlich keinen Einfluss. Dennoch dürften die Kommunalpolitiker mit Spannung auf das Ergebnis warten, denn es wird zumindest die Stimmung der Oberhausener Wähler widerspiegeln.
Bei der letzten Europawahl im Mai 2019 musste die SPD herbe Verluste einstecken, während sich die Grünen freuen durften. Die SPD stürzte auf knapp 25 Prozent der Stimmen ab – fünf Jahre zuvor lag sie bei rund 40 Prozent. Auch die CDU verlor und kam nur noch auf gut 22 Prozent (minus 6 Prozent). Die Grünen landeten nach Auszählung der Stimmen bei knapp 19 Prozent und feierten damit ein Plus von deutlich über zehn Prozent im Vergleich zur Europawahl 2014.
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Die FDP verdoppelte ihr Ergebnis bei der Europawahl auf knapp über fünf Prozent. Die AfD holte bei der Europawahl 2019 über zwölf Prozent der Stimmen, obwohl sie damals in der Kommunalpolitik noch keine Rolle spielte.