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„Der Freischütz“ auf der Seebühne zum Greifen nah

So hat Regisseur Philipp Stölzl, der auch für Bühnenbild und Lichttechnik verantwortlich zeichnet, die Kulisse erstmals bis in die erste Zuschauerreihe auf der Tribüne aufgebaut. Die Zuschauer erwartet ein Plätschern des Bodenseewassers. „Man hat das Gefühl, mit den Leuten aus dem Dorf in diesem fürchterlichen Sumpf zu sitzen“, sagt Stölzl, der 2019 und 2021 für die spektakuläre „Rigoletto“-Inszenierung verantwortlich war.

Ein Pool, der unabhängig vom Wasserstand mit 500.000 Litern Bodenseewasser gefüllt ist, macht diese besondere Produktion möglich. Aufgrund des generell hohen Wasserstandes des Sees „haben wir aktuell den Infinity Pool, den wir uns gewünscht haben“, sagt Elisabeth Sobotka, Intendantin in ihrer letzten Saison. Tatsächlich wird die komplette Seebühne erstmals bespielt. Nachdem im vergangenen Jahr die Tribüne umgestaltet wurde, war in diesem Winter die Seebühne an der Reihe. „Wir haben uns fit für die Zukunft gemacht“, sagt Michael Diem, der kaufmännische Leiter der Bregenzer Festspiele. Eine flexiblere und kompaktere Bühne auf einem Betonkern soll sich künftig den Anforderungen unterschiedlicher Produktionen anpassen.

Erste Einblicke in die Probenarbeit

Erstmals gab es Einblick in die Proben zum „Freischütz“, noch mit Klavierbegleitung. Doch dieses Wochenende reisen die Wiener Symphoniker an und werden unter der Leitung von Enrique Mazzola in die Proben eingebunden. Das winterliche Dorf mit seinen wackligen Hütten, im Dreißigjährigen Krieg fast völlig zerstört und von Hochwasser gezeichnet, bietet eine apokalyptisch anmutende Kulisse. „Der Ort, den wir hier ganz in der Nähe des Zuschauerraums geschaffen haben, ist eine zauberhafte, poetische Welt, die man fast anfassen kann“, beschreibt Stölzl sein Konzept.

So singt Agathe, auf einem rostigen Eisenbett stehend, ihre Arie „Und ob die Wolke sich verhülle“. Und es wird deutlich, wie ernst es Stölzl mit der Einbeziehung des Wassers in die Inszenierung ist. Denn sowohl die Zofe Ännchen als auch die Brautjungfern waten und tanzen knietief durch die sumpfige Landschaft. Bei der anschließenden Pressekonferenz resümiert Mauro Peter, der den Max singt: „Dass ich auf der Seebühne den Elementen ausgesetzt sein werde, wusste ich. Aber dass ich dann tatsächlich auf einer Opernbühne schwimmen würde, war auch für mich neu.“

Oper mit hohem Sprechanteil

Philipp Stölzl hat Großes vor. Die Inszenierung soll filmisch werden, denn der gebürtige Münchner ist auch ein renommierter Filmregisseur. „Die Schachnovelle“ war 2021 sein jüngster Kinofilm. Der Film basiert auf der gleichnamigen Novelle des österreichischen Schriftstellers Stefan Zweig. Den hohen Anteil an gesprochenem Material in Carl Maria von Webers Oper bezeichnet er als Geschenk. Die Gestaltungsmöglichkeiten seien entsprechend größer als in einer klassischen Oper, in der gesprochene Sätze oft nur von einem Lied zum nächsten führen. „Freischütz“ inszenierte Stölzl übrigens schon einmal: 2005 am Staatstheater Meiningen.

Jetzt in der letzten Phase der Vorbereitung, nur noch drei Wochen vor der Premiere, hat sich Karl Valentins Aussage bewahrheitet: „Kunst ist schön, aber sie bedeutet auch viel Arbeit.“ Diese Produktion fordert alle Gewerke. Gesang auf höchstem Niveau ist immer das Ziel. Dann aber ist wegen der vielen Sprechszenen auch Schauspiel gefragt, und die Musik des Orchesters muss mit den vielfältigen Geräuschen und Klängen verwoben werden, die eine mystische Atmosphäre heraufbeschwören. Feuer, Wasser, Akrobatik – „es ist alles.“ Jedes einzelne Geräusch, jeden Lichteffekt mit der Musik und dem Schauspiel abzustimmen, ist eine enorme Herausforderung. Um das zu meistern, braucht es wohl jemanden wie Philipp Stölzl, der schon in „Rigoletto“ bewiesen hat, dass er Inhalt und Schein zu verbinden weiß. Wir dürfen auf die diesjährige Aufführung am See gespannt sein.